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06. Januar 2024 Landkreis Zwickau

Am 6. Januar 2024 hat das Landratsamt Zwickau eine Allgemeinverfügung zur Einschränkung des Versammlungsrechts bekanntgegeben. Die Allgemeinverfügung gilt für den Zeitraum vom 8. Januar 2024, 0 Uhr, bis 15. Januar 2024, 24 Uhr, für die Durchführung von Versammlungen, welche die Thematiken „Bauernproteste“ oder „Generalstreik“ betreffen.

Eine umfängliche Begründung zur Kenntnis der Rechtslage ist ausschließlich in den Räumen der Versammlungsbehörde, Werdauer Straße 62 in Zwickau, Haus 5, einsehbar.

Der Landkreis Zwickau und die Polizei weisen deutlich darauf hin, dass der Erlass der Allgemeinverfügung nicht von der Anzeige geplanter Versammlungen entbindet. Anzeigen können und sollen weiterhin stattfinden. Die notwendigen Formulare sind auf der Homepage des Landkreises zu finden und an versammlungsrecht@landkreis-zwickau.de zu senden.

Der Versammlungsbehörde liegen jedoch Aufrufe und Ankündigungen aus den sozialen Medien vor, dass es weitere Blockade an wesentlichen Verkehrsknotenpunkten sowie zentral in den Städten und Gemeinden, teils schon ab 4 Uhr, geben soll. Ebenfalls ist diesen Hinweisen zu entnehmen, dass es den Teilnehmern und Organisatoren darum geht, den Straßenverkehr und damit auch das öffentliche Leben stillzulegen. Damit soll gezeigt werden, wie sehr die Gesellschaft und das öffentliche Leben von Transporten und landwirtschaftlicher Produktion abhängig ist, wie das gesellschaftliche Leben aussehen könnte, wenn die Regierung vermeintlich falsche Entscheidungen trifft („die Ampel ist kaputt“) und die Menschen sich selbst organisieren müssten, da die Regierung dies deren Meinung nach nicht tun würde („keine Verkehrsregulierung mehr durch Ampelanlagen“). Auch sollen Zulieferwege für Großunternehmen blockiert werden, da die geplanten und umgesetzten Kürzungen diese gerade nicht treffen und diese nun „spüren sollen, wie es ist, wenn man kein Geld mehr verdienen kann“. Die Organisatoren sind nur teilweise identifizierbar. Neben Landwirten und Spediteuren erfolgen Aufrufe auch durch die Partei „Freie Sachsen“ und Organisatoren von montäglichen Versammlungen im Kreisgebiet.

Dem Landratsamt Zwickau sind Protestaktionen im Zeitraum bis mindestens Mittwoch, den 10. Januar 2024, angezeigt worden. Bundesweit wurde durch den Deutschen Bauernverband jedoch zu einer Protestwoche, d. h. bis voraussichtlich 15. Januar 2024, aufgerufen.

Die Versammlungsbehörde hat in den letzten Tagen Stellungnahmen der Gemeinden, der Polizei, des Deutschen Wetterdienstes, des Landesamtes für Schule und Bildung, des Rettungsdienstzweckverbandes, des Straßenverkehrsamtes, der Straßenmeistereien und der Bundesautobahn GmbH eingeholt.

Im Ergebnis wurden Beschränkungen in Form einer Allgemeinverfügung erlassen, die den Belangen der Versammlungsteilnehmer aber auch denen der Öffentlichkeit, insbesondere der Verkehrsteilnehmer, des Lieferverkehrs und ganz besonders denen von Rettungsdiensten, Winterdiensten und Brand- und Katastrophenschutz gerecht werden.

Damit Rettungs- und Winterdienste sowie Fahrzeuge des Brand- und Katastrophenschutzes weiter ungehindert ihre Einsatzorte erreichen können, wurde das Freihalten der Auffahrten Glauchau West und Zwickau Ost sowie der dahin führenden Straßen verfügt.

Um den Verkehr nicht vollständig zum Erliegen zu bringen, wurden neben einem „Stopp-and-Go-Prinzip“ verfügt, dass die Bedarfsumleitungen für die Autobahnen freizuhalten sind. Diesem haben die Veranstalter, die sich mit der Versammlungsbehörde bisher in Verbindung gesetzt haben, ebenso zugestimmt wie dem Freihalten von Autobahnen und Autobahnabfahrten.

Einsatzfahrzeuge müssen zudem jederzeit in der Lage sein, die Blockaden und den Verkehr zu passieren. Wie dies vor Ort umgesetzt wird, obliegt der Verantwortung der Veranstalter. Auch das haben die bisher bekannten Veranstalter in der Umsetzung zugesagt.

Bei der Inanspruchnahme von öffentlichem Straßenraum durch Versammlungen ist seitens der Versammlungsbehörde in Ansehung aller Umstände des Einzelfalles konkret abzuwägen, welche Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu Gunsten der Versammlungsfreiheit und welche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zu Gunsten des Straßenverkehrs als angemessen hingenommen werden müssen.

Im Ergebnis der Abwägung der widerstreitenden Interessen der bei Durchführung der geplanten Versammlungen voraussichtlich eintretenden Behinderungen des Verkehrs überschreiten diese aufgrund der konkreten Umstände ab 8. Januar 2024 in ihrer Dauer und Intensität den Rahmen der üblichen, sozialadäquaten und insoweit typischerweise hinzunehmenden Beeinträchtigungen. Die Blockade von nahezu allen Autobahnanschlussstellen im gesamten Bundesgebiet und damit auch in den benachbarten Landkreisen führt zu einer weit über dem Durchschnitt liegenden Nutzung der Umgehungsstraßen. Da diese in Teilen ebenfalls blockiert werden sollen, ist mit massiven Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu rechnen. Ausweichmöglichkeiten sind kaum mehr gegeben. Die Dauer zieht sich vorliegend über einen Zeitraum von mindestens 12 Stunden, wobei hier zu beachten ist, dass die Start- und Endzeiten der Versammlungen zwischen 4 Uhr und 17 Uhr variieren und damit die Beeinträchtigungen in die Länge gezogen werden.

Auch Bundesfernstraßen sind, obwohl sie von ihrem eingeschränkten Widmungszweck her anders als andere öffentliche Verkehrsflächen nicht der Kommunikation dienen, sondern ausschließlich dem Fahrzeugverkehr, nicht generell ein versammlungsfreier Raum. Deshalb können Versammlungen dort nicht generell verboten werden.

Vielmehr sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Während bei innerörtlichen Straßen und Plätzen, bei denen die Widmung die Nutzung zur Kommunikation und Informationsverbreitung einschließt, Einschränkungen oder gar ein Verbot aus Gründen der Verkehrsbehinderung nur unter ganz engen Voraussetzungen in Betracht kommen, darf den Verkehrsinteressen bei öffentlichen Straßen, die allein dem Straßenverkehr gewidmet sind, insbesondere bei Bundesfernstraßen, größere Bedeutung beigemessen werden, so dass das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer solchen Straße gegebenenfalls zurückzutreten hat.

Im Rahmen dessen hat die Versammlungsbehörde einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu finden. Die Dauer und die flächendeckende Blockade ist wesentlicher Inhalt der beabsichtigten Meinungskundgabe. Wie durch die bisherigen Veranstalter dargelegt, soll es gerade darum gehen, der Öffentlichkeit vorzuführen, was ein Stillstand des öffentlichen Lebens bedeuten würde. Mithin ist eine Einschränkung der Versammlungszeit nicht geeignet, die Interessen auszugleichen. Mit Blick auf die vorgenannten Ausführungen bedarf es jedoch eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen, hier insbesondere einer zumindest teilweisen Gewährleistung des Verkehrsflusses. Dieser ist durch eine stündliche Lösung gewährleistet. Sofern der Rückstau nicht zu enorm ist, kann vor Ort ein anderer Rhythmus mit den eingesetzten Polizeikräften vereinbart werden. Dass die Zufahrten zu den Auffahrten gewährleistet bleiben müssen, ist logische Folge aus der verfügten temporären Öffnung der Auffahrten. Würde eine Blockade der Bedarfsumleitungen zugelassen werden, würde die „Stopp-and-Go“-Lösung ad absurdum geführt.

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