1. Hauptnavigation
  2. Navigation der aktiven Seite
  3. Inhalt der Seite
Am Röhrensteg

Naturschutz

Das Landschaftsschutzgebiet befindet sich südlichwestlich des Stadtkerns von Zwickau.

Lage/Standort
Das südlichwestlich des Zwickauer Stadtkerns, am rechten Ufer der Zwickauer Mulde und am Unterlauf des Reinsdorfer Baches gelegene Gebiet hat eine Größe von 67,2 ha. Es umfasst die Ortsteile Zwickau, Schedewitz und Oberhohndorf.
Benannt wurde das Landschaftsschutzgebiet nach dem 1535 errichteten Röhrensteg. Über den ursprünglich nicht überdachten Röhrensteg wurde das Trinkwasser in hölzernen Rohrleitungen aus dem Reinsdorfer und Pöhlauer Grund in die Stadt Zwickau geleitet. Dort floss es in die Häuser wohlhabender Bürger. Ärmere Bürger konnten es aus den öffentlichen Röhrkästen entnehmen. Der Steg wurde häufig durch Eisgang und Hochwasser zerstört. Er erhielt 1790 seine heutige überdachte Form.

Naturraum
Zwickau liegt am Südrand des Erzgebirgischen Beckens, einer in der varistischen Orogonese angelegten Muldenzone, die zwischen dem Erzgebirge im Süden und dem Granulitgebirge im Norden gelegen ist.
Auf dem Gebiet des Landschaftsschutzgebietes befindet sich der tiefste Punkt mit 259 m ü. NN am Muldeufer bei der Paradiesbrücke. Die Oberkante der Südböschung der Halde 6 im Nordosten des Schutzgebietes ist die höchste Erhebung mit 348 m ü. NN.
Die mittlere Jahrestemperatur in Zwickau beträgt ca. 8°C und der mittlere jährliche Niederschlag 700 mm.

Geologie
Vor ca. 300 Mio. Jahren lagerte sich in dem ausgedehnten Sedimentationsbecken ein mindestens 400 Meter mächtiges oberkarbonisches Schichtenpaket ab. Eingebettet in ein Zwischenmittel von hell- bis dunkelgrauen Schiefertonen liegen hier stellenweise elf Steinkohlenflöze übereinander. Die Zwickauer Steinkohlevorkommen streichen zwar nur kleinflächig an der Oberfläche aus, wurden aber seit dem Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit im Zwickauer Revier unter Tage abgebaut. Der bei der Kohleförderung anfallende Abraum wurde auf bis zu 45 Meter hohen Halden abgelagert. Diese stellen heute die auffälligste Oberflächenform des Schutzgebietes dar.

Gebietsbeschreibung/Charakteristik
Obwohl das Landschaftsschutzgebiet vollständig von Industrie- und Siedlungsgebieten umschlossen ist, konnten sich hier standorttypische Biotope und Lebensgemeinschaften wild lebender Tier- und Pflanzenarten relativ ungestört entwickeln und erhalten. Insbesondere gilt dies für die nicht forstlich genutzten Waldflächen: für die naturnahen Laubmischwälder am Muldenhang ebenso wie für die aufgeforstete Abraumhalden des Steinkohlenbergbaus, die nach Stilllegung der Bergwerke rekultiviert wurden, danach der natürlichen Sukzession überlassen blieben und das Landschaftsbild entscheidend prägen.
Bei dem Schutzgebiet handelt es sich um einen in sich geschlossenen, an Kleinstrukturen reichen Kulturlandschaftskomplex von regionaler Bedeutung. Dieser ist zwar nur zu einem geringeren Teil von naturnaher Vegetation bewachsen, aber dennoch von zahlreichen bedrohten Tierarten bewohnt. Einen hoher Flächenanteil weist ökologisch wertvolle, zum Teil einzigartige Biotopen auf.
Nach Stilllegung der Zechen sind die Abraumhalden, die aus dem bei der Kohlenförderung anfallenden Gestein angehäuft wurden, das weithin sichtbare Zeugnis für den ehemaligen Steinkohlenbergbau, dem für die Entwicklung der Stadt Zwickau wichtigsten Industriezweig. Heute sind im Gebiet keine Reste der Schacht- und Förderanlagen des Steinkohlenbergbaus mehr erkennbar. Lediglich der Bahndamm der Oberhohndorfer-Reinsdorfer Kohleneisenbahn ist noch erhalten.
Dem Erhalt dieser einzigartigen Bergbau-Folgelandschaft kommt somit besondere kulturhistorische Bedeutung zu. Nach erfolgreich durchgeführter Haldenrekultivierung konnte sich ohne Störungen oder Beeinträchtigungen ein ausgeglichener Naturhaushalt einstellen. Im Komplex mit weiteren für siedlungsnahe Bereiche typischen Biotopen und Lebensgemeinschaften hat sich eine Kulturlandschaft herausgebildet, die zwar in hohem Maße anthropogen geprägt worden ist, deren Landschaftsbild jedoch besondere Eigenart und Vielfalt aufweist.
Im Schutzgebiet sind insgesamt ca. 250 Arten höherer Pflanzen nachgewiesen. Auch der Anteil von gefährdeten oder im Rückgang begriffenen Arten an der Fauna des Schutzgebietes ist recht beachtlich. Zurzeit kommen 15 Vogelarten, 5 Amphibienarten und 10 Schmetterlingsarten vor, die in der Roten Liste von Sachsen und Deutschland aufgeführt sind.
Der Anteil artenarmer, von Pflanzen und Tieren nicht besiedelbarer Flächen ist sehr gering. Auf dem Gebiet des LSG liegen nur wenige Gebäude. Die vor allem in Kleingartensiedlungen gelegenen Gärten sind teilweise verwildert oder brachgefallen, können also auch von Wildpflanzen besiedelt werden. Das Gebiet wird von der stark befahrenen Reinsdorfer Straße zerschnitten.
Größere Flächen nehmen Biotope ein, deren Arteninventar als weitgehend verarmt bis reichhaltig eingestuft werden muss, die also von mittlerem bis hohem ökologischen Wert sind. Dazu gehören die Ruderal-, Stauden- und Grasfluren des Gebiets.

Folgende Biotoptypen sind aus ökologischer Sicht besonders wertvoll:

  • Stillgewässer und Verlandungsvegetation. Der von einem Röhrichtgürtel umgebene Teich im Talgrund des Reinsdorfer Baches ist ein gesetzlich geschütztes Feuchtbiotop. Das Schilfröhricht ist wichtiger Brutplatz für spezialisierte Vogelarten.
  • Eichen-(Hainbuchen-)Winterlindenwald. Auf den Steilhängen des Rotliegenden haben sich reichstrukturierte Altholzbestände mit naturnaher Baumartenzusammensetzung erhalten, die das Habitat für zahlreiche Vogelarten darstellen. Bei diesem Eichen-Hainbuchen-Winterlindenwald, der seit längerer Zeit nicht mehr forstlich genutzt wurde, handelt es sich um das einzige Relikt der potentiellen natürlichen Vegetation, das im Stadtgebiet von Zwickau erhalten blieb.
  • Forsten der Abraumhalden (Birke, Roteiche, Robinie, Pappel, Erle): Nach erfolgreicher Rekultivierung erfolgten keine weiteren Eingriffe, weshalb auf den Abraumhalden die spontane Sukzession ungestört ihren Lauf nehmen konnte. Da diese Entwicklung der Haldenvegetation von Anfang an untersucht wurde, sind die Haldenforsten ein einzigartiges Forschungsobjekt für die Beobachtung des Ablaufs der weiteren Sukzessionsstadien und des Verhalten einzelner Arten. Dies gilt insbesondere für das Plateau der noch brennenden Halde 23, wo einzigartige Standortbedingungen mit Umkehrung der Vegetationsperiode herrschen.

Durch die Unterschutzstellung wurde das Gebiet als siedlungsnahe Erholungsfläche, die vom Stadtzentrum aus zu Fuß erreichbar ist, vor nachteiligen Veränderungen gesichert. Erholungssuchende Spaziergänger und Radfahrer können die Natur des Gebiets, das durch Fuß- und Radwegen erschlossen ist, in ihrer Vielfalt erleben und genießen.

zum Seitenanfang springen